Schwangerschaft und Kinderwunsch
Kann ich mit HIV ein Kind bekommen?
Viele Menschen mit HIV wünschen sich Kinder. Dieser Wunsch muss nicht unerfüllt bleiben: Bei wirksamer HIV-Therapie kann HIV sexuell nicht übertragen werden, Menschen mit HIV können dann ohne Angst vor einer Übertragung auf ihre Partner_innen oder das Kind Eltern werden. Auch vaginale Entbindungen und Stillen sind möglich. Wichtig ist in jedem Fall eine ausführliche ärztliche Beratung und Begleitung.
Auch ein Gespräch mit anderen HIV-positiven Müttern kann hilfreich sein. Ihre lokale Aids-Hilfe kann Sie bei der Kontaktaufnahme unterstützen.
Was ist vor der Schwangerschaft zu beachten?
Zuerst sollten Sie einen HIV-spezialisierte gynäkolische Praxis aufsuchen. Die Beratungsstellen der Aids-Hilfen und von pro familia können bei der Suche nach einem geeigneten Stelle helfen.
Neben den regelmäßigen HIV-spezifischen Untersuchungen sollten Sie sich vor einer Schwangerschaft auf Röteln und Hepatitis B und C untersuchen lassen. Hinzu kommen Untersuchungen auf genitale Infektionen, der HPV- Status sowie eine Krebsvorsorge.
Wie werde ich schwanger?
Egal ob beide oder ein Partner/eine Partnerin HIV-positiv sind gilt folgende Aussage: sind eine gut funktionierende medikamentöse Therapie und eine uneingeschränkte Fruchtbarkeit gegeben, dann steht einer natürlichen Zeugung nichts im Wege. Eine Infektion des Ungeborenen ist faktisch ausgeschlossen.
Aidshilfen empfehlen daher immer ein klärendes Gespräch mit der HIV-Schwerpunktpraxis. Weiterhin sprechen wir uns bei geplanter Schwangerschaft für eine Testung unter anderem auf HIV aus. Dies ist anonym und kostenfrei auch bei uns möglich.
Der Dokumentarfilm positiv schwanger, welcher im Internet frei verfügbar ist, erzählt von Menschen mit HIV und über ihre ganz persönlichen Erfahrungen zum Thema Schwangerschaft und HIV.
Was passiert bei eingeschränkter Fruchtbarkeit?
Um die Fruchtbarkeit oder auch Fertilität der Frau bzw. des Mannes festzustellen, dienen ein Spermiogramm beim Mann und eine Bauchspiegelung bei der Frau. Sollte eine eingeschränkte Fruchtbarkeit festgestellt werden, müssen weitere Dinge beachtet werden.
Voraussetzung für eine Behandlung ist die Eheschließung. Aufwand und psychische sowie finanzielle Belastung für das Paar unterscheiden sich je nach Verfahren deutlich. Eine einzelne Behandlung kann zwischen 400 und 5000 Euro kosten. Seit 2010 besteht auch für HIV-positive Menschen das Recht, eine künstliche Befruchtung als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen. Es müssen dafür natürlich die gesetzlich geregelten Voraussetzungen erfüllt sein.
Gibt es gesundheitliche Risiken für die werdende Mutter?
Eine Schwangerschaft stellt kein besonderes Risiko in Bezug auf eine bei der Mutter vorliegenden HIV-Infektion dar. Während der Schwangerschaft sinkt die Zahl der CD4–Zellen zwar leicht ab und das Immunsystem ist etwas geschwächt, doch dies normalisiert sich meist automatisch nach der Entbindung. Allerdings können psychische Belastungen verstärkt auftreten.
Welches Übertragungsrisiko hat das Ungeborene?
Das Übertragungsrisiko kann bei bekannter HIV-Infektion auf unter 1% gesenkt werden. Unter anderem spielen hier die geplante Entbindung durch Kaiserschnitt und das Verzichten auf Stillen eine große Rolle.
Das Übertragungsrisiko auf das Kind kann sich aus verschiedenen Gründen erhöhen:
- fortgeschrittenes Krankheitsstadium der Mutter
- niedrige Anzahl von CD4-Zellen
- erhöhte Viruslast kann eine Frühgeburt auslösen
- zusätzliche Infektionen (z.B. Hepatitis C)
- vorzeitiger Blasensprung oder vorzeitige Wehen
Was passiert während der Schwangerschaft?
Während der Schwangerschaft werden folgende Untersuchungen und Behandlungen durchgeführt:
- alle 2 Wochen Vorsorgeuntersuchung
- alle 4 – 8 Wochen Blutuntersuchung (Bestimmung der Blutwerte)
- Zuckertest, Herzton und Wehenschreibung (HIV-Patientinnen neigen zu verfrühten Wehen)
- in der 12., 22., 30. und 35. Woche Ultraschalluntersuchung (u.a. Test auf Trisomie 21)
- Fruchtwasseruntersuchung entfällt (zu hohes Übertragungsrisiko für das Kind)
- antiretrovirale Behandlung ab der 32. – 36. Schwangerschaftswoche und während der Geburt wird zwingend empfohlen (idealerweise befindet sich die Mutter bereist vor Schwangerschaft unter ART)
Wie kann entbunden werden?
Obwohl in anderen Ländern wie Frankreich und den USA Spontangeburten durchgeführt werden, bewertet man in Deutschland das Übertragungsrisiko anders und führt in der Regel keine Spontanentbindung durch. Vielmehr wird ein geplanter Kaiserschnitt in der 37. bis 43. Schwangerschaftswoche eingeleitet.
Zunehmend mehr Frauen bekommen ihr Kind auf natürlichem Weg. Wenn Sie den Wunsch haben natürlich zu entbinden, dann sprechen Sie dennoch über Chancen und Risiken mit Ihren Behandler*innen. Unter Umständen kann Ihrem Wunsch nachgekommen werden. In Deutschland haben sich Kliniken darauf spezialisiert – sprechen Sie uns dazu gern an.
Was kommt nach der Entbindung auf Mutter und Kind zu?
Aktuell: Nach der Entbindung bekommt das Neugeborene 4 Wochen lang eine meist intravenös verabreichte antiretrovirale Therapie (Kombitherapie).
Auf das Stillen muss in Deutschland leider verzichtet werden, um das Kind nicht nachträglich mit HIV zu infizieren. Um abzuklären, ob das Kind infiziert wurde, kann bereits nach einem, spätestens nach 6 Monaten ein HIV-PCR-Test durchgeführt werden. Da ein Kind bis zu seinem 18 Lebensmonat Antikörper der Mutter in sich trägt, gibt erst nach dieser Zeit ein HIV-Antikörper-Test abschließende Gewissheit.
Gerade werden diese Empfehlungen neu diskutiert und bewertet. Sprechen Sie uns dazu gern persönlich an.